read moreProminente politische Führer der jüngeren Zeitgeschichte, die ebenfalls an einem Parkinson-Syndrom gelitten haben, waren Leonid Breschnew und Jassir Arafat. Trotzdem ist der Morbus Parkinson keine sehr neue Erkrankung, sondern war wahrscheinlich auch vor Jahrtausenden bereits bekannt, zumindest findet sich in alten ayurvedischen Schriften (1000-1500 v. Chr.) die Beschreibung eines Krankheitsbildes, das sowohl ein Zittern der Hände als auch eine körperliche Steifheit bzw. einen Verlust der Beweglichkeit umfasst. In der Neuzeit charakterisierte erstmals James Parkinson 1817 die Schüttellähmung als einheitliches Krankheitsbild.
Hauptsymptome sind eine Verlangsamung der Bewegung auch als Bradykinese oder Akinese bezeichnet, eine Tonuserhöhung der Extremitäten, insbesondere der Arme (Rigor), und ein Zittern, insbesondere der Extremitäten (Tremor). In frühen Stadien der Erkrankung finden sich jedoch auch andere Symptome wie Riechstörungen, gastrointestinale Beschwerden, Schlafstörungen und schmerzhafte Verspannungen der Muskulatur, die häufig z.B. als Schulter-Arm-Syndrom oder Lumbago verkannt werden. In späteren Stadien sind nicht selten Stand- und Ganginstabilitäten zu beobachten, bei 15-30 % der Patienten finden sich zudem Hinweise auf Störungen des Gedächtnisses und der Orientierung.
Die Ursache des Morbus Parkinson ist bis heute nicht bekannt. Man weiß jedoch, dass ein erblicher Anteil eine Rolle spielen kann, denn bei 15-20 % der Patienten haben Eltern oder Großeltern ebenfalls unter Symptomen wie z. B. Zittern gelitten. In 80% der Fälle wird eine toxische Ursache vermutet, die wahrscheinlich auf Umweltgifte wie Pestizide zurückzuführen ist.
Eine einigermaßen zufriedenstellende Behandlung der Erkrankung ist erstmals seit den frühen sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts möglich, nachdem verschiedene Forscher entdeckt haben, dass bei Parkinson-Patienten im Gehirn Dopamin fehlt. Seitdem gehört die Behandlung mit einem Vorläufer des Dopamins, dem sogenannten L-Dopa, zur Standardtherapie der Parkinson-Patienten. In den letzten 20 Jahren wurde eine Fülle von neuen Medikamenten entwickelt, die überwiegend das dopaminerge System stimulieren. Besonders hervorzuheben sind hier die Dopamin-Agonisten, die neben einer sehr guten Wirksamkeit auf die Erkrankung leider auch erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen können. Neben dieser symptomatischen Therapie hat man sich auch bemüht, Medikamente zu entwickeln, die einen Schutz auf den der Erkrankung zugrunde liegenden Zellabbau im Gehirn ausüben. In klinischen Studien konnte dies bisher jedoch noch nicht bewiesen werden. Daneben bestehen auch andere Therapieoptionen wie die physikalische Therapie. Insbesondere jedoch stereotaktische Operationen haben sich in den letzten zehn Jahren zunehmend etabliert und werden vor allem bei den Patienten eingesetzt, die auf Medikamente nicht mehr ausreichend ansprechen. Die Transplantation von embryonalen Stammzellen ist in Deutschland nicht zugelassen, wird aber intensiv erforscht.
Es ist manchmal nicht einfach, die Diagnose des Morbus Parkinson zu stellen, insbesondere deshalb, weil nicht alle Symptome immer in gleicher Ausprägung vorhanden sind. Des Weiteren sind Parkinson-ähnliche Erkrankungen bekannt, die einen unterschiedlichen Verlauf nehmen können und auch anders behandelt werden müssen. Aus diesem Grunde hat sich die Neurologische Klinik des Leopoldina-Krankenhauses darauf spezialisiert, einerseits Patienten in frühen Stadien zu untersuchen und zu überprüfen, ob wirklich eine Parkinson-Krankheit vorliegt. Zum anderen treten im Laufe der Parkinson-Erkrankung bei sehr vielen Patienten Therapie- und Krankheitskomplikationen auf, die nur durch einen erfahrenen Spezialisten adäquat behandelt werden können.
Seit 2001 ist Herr Prof. Dr. Dr. W. Kuhn am Leopoldina-Krankenhaus tätig. Er konnte an den Universitätskliniken in Würzburg und Bochum in seiner über 25-jährigen Tätigkeit sowohl klinisch als auch wissenschaftlich eine Fülle von Untersuchungen zur Parkinson-Krankheit durchführen und betreut schwerpunktmäßig die Parkinson-Patienten des Leopoldina-Krankenhauses.
Diagnostische Angebote der Neurologischen Klinik zur Abklärung der Parkinson-Krankheit:
- Apomorphin-Test/L-Dopa-Challenge
- Kinesiologische Methoden - motorische Leistungsserie nach Schoppe, Tremoranalyse
- Single-Photon-Emission-Computertomographie (SPECT) in Zusammenarbeit mit der Nuklearmedizin im Hause
- Computertomographie, Kernspintomographie
- Liquordiagnostik zum Ausschlss anderer neurodegenerativer Erkrankungen (ß-Amyloid, Tauprotein)
- Gentest (nur in Spezialfällen in Zusammenarbeit mit den Universitätskliniken Tübingen und Würzburg).
- In Kürze: Parkinson-Bluttest
- Spezielle feinmotorische Tests wie z.B. standardisiertes Spiralezeichnen (in Zusammenarbeit mit der Uni-Klinik Bochum)
- Tests zur Erfassung kognitiver Defizite
- Erfassung autonomer Störungen (Schellong, Kipptisch-Untersuchung, Herzfrequenz-Varianzanalyse)
- Homocystein-Bestimmung bei langjähriger L-Dopa-Gabe
- Ultraschall/Messung der Echogenität der Substantia nigra
Therapeutische Angebote für alle Stadien der Erkrankung:
- Medikamente (z. B. L-Dopa, Dopamin-Agonisten, Rasagilin, Budipin, Selegilin, Entacapone etc.)
- Infusionen (z. B. Amantadinsulfat)
- Pflaster (z. B. Rotigotin)
- Pumpeninfusionen (z. B. Duodopa, Apomorphin)
- Zusammenarbeit mit dem Stereotaxie-Zentrum Würzburg
Parkinson-Komplex-Behandlung
Seit 2013 wird im Leopoldina-Krankenhaus eine intensivierte Parkinson-Behandlung über zwei bis vier Wochen angeboten, die neben der medikamentösen Therapieoptimierung insbesondere komplementäre Behandlungsmöglichkeiten wie Logopädie, Ergotherapie und spezialisierte Krankengymnastik umfasst. Eine TaiChi-/QiGong-Gruppe ist geplant.