Das von Prof. Roeder erarbeitete Gutachten ist abgeschlossen und enthält bereits wesentliche Empfehlungen vor dem Hintergrund der Krankenhausreform. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden gestern und heute den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beiden Schweinfurter Krankenhäuser vorgestellt. Für die im Gutachten empfohlene Zusammenführung der beiden Krankenhäuser zu einem Krankenhaus in einem Ein-Trägermodell mit Kongregation und Stadt als Gesellschafter kann die Kongregation jedoch nicht zur Verfügung stehen.
Klares Ziel der Kooperationsgespräche der Verantwortlichen aus Leopoldina-Krankenhaus und Krankenhaus St. Josef sowie der verantwortlichen Träger war von Beginn an, zukunftsfähige regionale Versorgungsstrukturen zu schaffen, die den Herausforderungen im Gesundheitswesen gerecht werden und Arbeitsplätze sichern. Deshalb wurde im Herbst letzten Jahres der bundesweit renommierte Experte, Prof. Dr. med. Norbert Roeder mit der Prüfung der Verbundidee „Schweinfurter Modell“ und der Erarbeitung eines medizinischen Konzeptes beauftragt. Am 6. Dezember 2022 hatte zudem Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach seine Pläne einer Krankenhausreform bekannt gegeben. Das entsprechende Gesetz wird die die Krankenhauslandschaft in Deutschland signifikant verändern. Insofern war es für die Schweinfurter Krankenhäuser ein doppelter Glücksfall, sich zum einen bereits Anfang 2022 mit Fragen der Strukturveränderung zu beschäftigen und zum anderen in diesem Prozess einen so versierten Experten wie Prof. Roeder als Gutachter gewinnen zu können.
Zusammenfassung der gutachterlichen Empfehlungen
Die Gutachtenempfehlungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das Leopoldina Krankenhaus der Stadt Schweinfurt und das Krankenhaus St. Josef der Kongregation der Schwestern des Erlösers sollten nach Einschätzung des Gutachters zu einem gemeinsamen Krankenhaus für Schweinfurt mit zwei Betriebsstätten zusammengeführt werden. Diese sogenannte Einhäusigkeit spielt krankenhausplanerisch bei der Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung in Schweinfurt eine zentrale Rolle. Um diese herzustellen, muss das neue Unternehmen von einem Träger mit einem oder mehreren Gesellschaftern getragen werden. Das gesamte medizinische Leistungsspektrum bleibt erhalten, wird jedoch neu strukturiert und zum Teil umverteilt. Redundanzen werden reduziert. So sieht es kurz zusammengefasst, die Empfehlung des Gutachters Prof. Roeder vor. Nach Einschätzung des Gutachters besteht so eine realistische Chance, beide Standorte zu erhalten und die Krankenhauslandschaft für Schweinfurt zukunftssicher aufzustellen.
Folgende, maßgebliche Implikationen ergeben sich derzeit zur weiteren Prüfung, Diskussion und Verhandlung:
- Unter dem Eindruck der kommenden Krankenhausreform ist ein Verbundmodell zwischen den beiden Krankenhäusern mit zwei unabhängigen Trägern nicht mehr umsetzbar. Klare Zielsetzung muss entsprechend des Gutachters die formale Einhäusigkeit im Sinne der Krankenhausplanung mit den beiden Standorten St. Josef und Leopoldina sein. Dies lässt sich nur mit einem Träger verwirklichen. Würden wir das in Schweinfurt nicht berücksichtigen, bestünde die große Gefahr, dass wir medizinische Leistungsbereiche für die ganze Region verlieren und Patientinnen und Patienten nach Würzburg, Fulda und Bamberg ausweichen müssten. Gelänge dagegen die sogenannte Einhäusigkeit mit beiden Standorten, würde entsprechend der bestehenden Leistungsangebote beider Krankenhäuser, das zukünftige Krankenhaus in der höchsten Versorgungsstufe als Maximalversorger neuer Lesart angesiedelt sein.
- Die Kongregation der Schwestern des Erlösers sieht keine Möglichkeit mehr, das Krankenhaus St. Josef, vor allem auch unter dem Eindruck der kommenden Krankenhausreform, in alleiniger Trägerschaft fortzuführen. Auch die in der ursprünglichen Idee des Kooperationsmodells skizzierte Rolle des Standortes St. Josef als überwiegend ambulanter Leistungserbringer in Trägerschaft der Kongregation wird durch die Lauterbachsche Reform kaum mit ausreichendem Deckungsbeitrag realisierbar sein. Auch liegen wichtige Eckpunkte der Finanzierung immer noch nicht vor. Sobald sich seitens des Gutachters eine Empfehlung zugunsten einer Ein-Träger-Lösung abzeichnete, prüften die Verantwortlichen beider Krankenhäuser unterschiedliche Optionen für ein Ein-Träger-Modell, u.a. auch eine Beteiligung der Kongregation als Minderheitsgesellschafter. Die Kongregation sieht im Ein-Träger-Modell jedoch einen erheblichen Widerspruch zu ihren Wertevorstellungen und tritt im Ergebnis nicht in eine neue gemeinsame Trägergesellschaft ein.
- Geprüft wird deshalb ab sofort die Option, den Krankenhausbetrieb am St. Josef zu übergeben. Die Optionen der Betriebsübergabe inklusive der Liegenschaften sind jetzt zu prüfen. Wunschpartner dabei ist die Stadt Schweinfurt bzw. das Leopoldina-Krankenhaus. Eine Veräußerung an eine private, überregionale Klinikgruppe wird nicht prioritär geprüft. Diese Entscheidung ist allen Beteiligten nicht leichtgefallen. Letztlich ist das aber der beste Weg, eine zukunftsorientierte Krankenhausversorgung in der Region und insbesondere die krankenhausplanerische Einhäusigkeit der beiden Standorte zu ermöglichen.
- Das Leopoldina-Krankenhaus sowie die Stadt Schweinfurt werden nun konstruktiv in Gespräche mit der Kongregation eintreten. Schnell und zugleich substantiell wird geprüft, ob und zu welchen Konditionen die Zusammenführung beider Schweinfurter Krankenhäuser unter alleiniger Trägerschaft der Stadt Schweinfurt realisiert werden kann. Dabei gilt die klare Botschaft an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus beiden Häusern, die Seele und Rückgrat der Patientenversorgung sind: „Sie alle werden gebraucht, nicht zuletzt bei dem wahrscheinlich kommenden Übergangsprozess. Wir zählen dabei auf Ihre Unterstützung. Wir werden uns gemeinsam dafür stark machen, alle Arbeitsplätze zu erhalten. Sie alle sollen im neuen Krankenhaus Heimat finden.“
- Offene Fragen zu Betriebsübergang, Personal und Weiterentwicklung regionaler Versorgungsstrukturen, etc., können derzeit auf Grund der laufenden, zuvor zwingend notwendigen Prüfungen/Verhandlungen nicht detailliert beantwortet werden. Alle Beteiligten versichern aber unisono, dass das oberste Ziel einer Zusammenführung der beiden Häuser die Gestaltung einer hervorragenden medizinischen Versorgung für unsere Region ist. Alle Arbeitsplätze für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen dabei erhalten bleiben. Im Rahmen des zu erwartenden Betriebsübergangs nach §613a BGB werden u.a. alle Dienst- und Beschäftigungszeiten anerkannt.
Von Beginn der Kooperationsgespräche an war es ein wichtiges Anliegen, größtmögliche Transparenz gegenüber den Beschäftigten und allen anderen Anspruchsgruppen zu zeigen. So soll in diesem Kooperationsprojekt auch in Zukunft verfahren werden. Eine Entscheidung/ein Ergebnis der Gespräche/Verhandlungen wird so schnell wie möglich bekannt geben.
Statements der handelnden Personen
Sr. Monika Edinger
Generaloberin der Kongregation der Schwestern des Erlösers
„Prof. Roeder ist nun in seinem Gutachten zu der Empfehlung gelangt, dass ein Ein-Trägermodell mit der Kongregation als Minderheitsgesellschafter die besten Chancen zum Erhalt der beiden Schweinfurter Krankenhäuser darstellt. Diese Empfehlung bringt uns als Kongregation in einen unlösbaren Interessenkonflikt. Eine Ein-Träger-Lösung in gemeinsamer Gesellschaft mit einem kommunalen Träger würde unserer Identität und unserem christlichen Auftrag zuwiderlaufen. Dies konkretisiert sich z. B. in der Frage des Umgangs mit Schwangerschaftsabbrüchen. In eine Ein-Trägerschaft zusammen mit dem Leopoldina können wir uns daher in der empfohlenen Ausgestaltung nicht wiederfinden. Es fällt mir und uns als General- und Geschäftsleitung unendlich schwer, diese Tatsache heute so aussprechen zu müssen. Wir werden jedoch weiterhin Teil der Gesundheitsversorgung in Schweinfurt bleiben in Form der ambulanten Pflege und weiteren pflegerischen Angeboten. Auch die Optionen für eine Weiterführung unseres Engagements in der Pflegeausbildung werden wir jetzt intensiv prüfen.“
Martin Stapper
Geschäftsführer der Kongregation der Schwestern des Erlösers
„Es war von Anfang an verabredet, die Ergebnisse des Gutachtens abzuwarten, sie genau zu bewerten und erst dann eine endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen. Klar ist, dass wir für ein Ein-Träger-Modell nicht zur Verfügung stehen können. Klar ist aber auch, dass wir mit aller Kraft an den Voraussetzungen einer guten Übergabe unseres Krankenhauses an das von uns favorisierte Leopoldina arbeiten werden. Eins ist ebenfalls gewiss: Sr. Monika, Herr Jäger und ich werden jetzt gemeinsam mit den Verantwortlichen der Stadt und des Leopoldinas konstruktiv und mit der gebotenen Schnelligkeit die finale Entscheidung vorbereiten und dann in die Umsetzungsplanung des Veränderungsprozesses eintreten.“
Norbert Jäger
Krankenhausdirektor des Krankenhaus St. Josef
„Der Erhalt des St. Josefs als Krankenhausstandort und als Ort, an dem Patienten gut versorgt werden, hat oberste Priorität. Dies kann nur gelingen, wenn alle Beschäftigten auch die großen Chancen sehen und nutzen, die sich aus der wahrscheinlich alleinigen Trägerschaft der Stadt Schweinfurt ergeben. Die Arbeitsplätze unserer Beschäftigten sind sicher und sind es auch langfristig, wenn wir in der empfohlenen Träger-Variante gemeinsam ein leistungsstarkes Krankenhaus aufbauen. Eine sorgfältige und transparente Prüfung einer schrittweisen Zusammenführung der beiden Krankenhäuser ist jetzt unsere vorrangige Aufgabe. Auch wenn es dauern wird, bis Veränderungsprozesse greifen, so wissen wir sehr genau um die Sorgen und Fragen unserer Mitarbeitenden, deshalb ist transparente Kommunikation das Gebot der Stunde. Es gilt nun, das Trennende zu überbrücken.“
Jürgen Winter
Geschäftsführer Leopoldina-Krankenhaus
„Oberstes Ziel einer Kooperation der beiden Häuser war und ist die Gestaltung einer hervorragenden medizinischen Versorgung für die Region und der Erhalt möglichst aller Arbeitsplätze für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir bedauern, dass es nicht zu einer gemeinsamen Trägerschaft mit der Kongregation kommen wird – gleichwohl werden wir weiterhin eng und konstruktiv auf Geschäftsleitungsebene und in den Gremien zusammenarbeiten. Es wird nun eine intensive Phase der Bewertung des Gutachtens und der Verhandlung der Bedingungen einer möglichen Zusammenführung unter städtischer Trägerschaft folgen. Das wird zeitnah geschehen, denn wir alle stehen aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unter hohem Handlungsdruck. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt viele Punkte noch nicht belastbar beantwortet werden können, so lassen Sie mich trotzdem einen positiven Blick in die Zukunft werfen, denn eine Kooperation beider Häuser birgt für alle Beteiligte (Beschäftigte und Bevölkerung) große Chancen. Als Maximalversorger neuer Lesart wäre das künftige Schweinfurter Krankenhaus mit zwei Betriebsstätten ein hoch attraktiver Arbeitgeber mit vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten – nicht nur in der Krankenversorgung.“
Sebastian Remelé
Oberbürgermeister der Stadt Schweinfurt
„Der Stadt Schweinfurt, als Träger des Leopoldina-Krankenhauses, käme nach erfolgter Übergabe die alleinige Verantwortung für die neu entstehende Krankenhausgesellschaft zu. Wir als Gesellschafter des Leopoldina werden in den kommenden Verhandlungen als fairer Partner auf Augenhöhe agieren, wenngleich ich schon heute darauf hinweisen möchte, dass die Möglichkeiten der Stadt Schweinfurt begrenzt sind.
Dass das Krankenhaus St. Josef in alleiniger Trägerschaft nicht fortgeführt werden kann, und die Kongregation der Schwestern des Erlösers nach mehr als 90-jährigem Wirken für unsere Stadt nun eine Übergabe des Krankenhausbetriebs und der damit verbundenen Immobilien prüft, ist für die Kongregation eine Entscheidung, die nicht leichtgefallen ist. Für die Zukunft jedoch kann daraus ein starker kommunaler Gesundheitsdienstleister entstehen, der für kommende Aufgaben nachhaltig gerüstet ist. Der schwierigen Entscheidung der Erlöserschwestern, nicht Minderheitsgesellschafter einer gemeinsamen Gesellschaft werden zu wollen, begegne ich mit Respekt und Verständnis. Ich würde mich freuen, wenn die Kongregation Teil der Gesundheitsversorgung unserer Stadt bliebe.“